Unsere heutige Klettertour führte uns auf einen Klassiker in der Hochschwab Südwand – „Reif für die Insel“. Die Kletterei bietet außergewöhlich schöne Meter über Platten und Wasserrillen.

In den stahlgrauen Platten der Hochschwab Südwand

Der Aufstieg begann an diesem Hitzetag früh am Morgen, als wir zügig durch das Trawiestal zum Einstieg der Route wanderten. Schon beim Zustieg wurde uns klar, wie sehr die Unwetter der letzten Tage die Landschaft gezeichnet hatten. Überall waren Spuren von Erdrutschen und umgestürzten Bäumen zu sehen. Diese Naturgewalten haben hier in den letzten Tagen leider viele tragische Einzelschicksale in dieser Region gefordert.

Start in die 1.SL

Am Ende der 1.SL

Ein Südwandschmankerl

Der höchste Gipfel der Hochschwabgruppe, der 2277 m hohe Hochschwab, beeindruckt mit seiner 300 m hohen, reich gegliederten Südwand-Flucht, die sich über 2 km vom G’hackten im Westen über den Kleinen Schwaben bis zum Rotgang im Osten erstreckt. Am Fuß der Wand befindet sich das dolinenreiche Gelände der Eisgruben, das oft bis weit in den Sommer hinein mit Schnee bedeckt ist. Die Kletterei selbst zeigte sich als außergewöhnlich schön. Die Route führt über Platten und Wasserrillen, die den Fels wie eine griffige Leiter zugänglich machen. Das Ambiente in der Südwand ist ohnehin immer wieder aufs Neue ein Geschenk – weißer gestählter Plattenkalk eingebettet in eine liebliche Hügellandschaft. Doch so schön die Route auch ist, so herausfordernd ist sie aufgrund der spärlichen Sicherungsmöglichkeiten. Der kompakte Plattenfels bietet kaum Platz für mobile Sicherungen, was die Route im Gesamten besonders anspruchsvoll macht.

Die brachiale Absicherung verlangt einem als Kletterer einiges ab. Ein Balanceakt zwischen Genuss und Nervenkitzel, zumindest für den Vorsteiger. Wir teilen uns an diesem Tag unsere Dreierseilschaft so auf: Michael Kräftner übernimmt den Vorstieg, Markus sichert und ich fotografiere. Unterm Strich war es dann für mich doch ein genussreiches Nachstiegstagerl.

In die steile 30m Rille

2.SL

Blick aus der Wand

I bin reif, reif, reif, reif für die Insel…

Während ich mich an der Wand entlang tastete, kam mir dann der namensgebende Liedtext in den Sinn, der genau das Gefühl beschreibt, das mich hier oben überkam: “I bin reif, reif, reif, reif für die Insel.” Die Worte von Peter Cornelius spiegeln wider, was ich hier empfinde – eine Sehnsucht nach Ruhe und Ausstieg aus dem Alltag. Das Arbeitsleben, der zwischenmenschliche Hickhack der einen das ganze Jahr über begleitet, das ständige Ringen um Balance, all das tritt hier oben in den Hintergrund. Die Kletterroute „Reif für die Insel“ ist nicht nur eine sportliche Herausforderung, sondern auch eine Metapher für den Wunsch, dem Alltag zu entfliehen und in die sinnstiftende Ruhe der Berge einzutauchen.

Der Text von Peter Cornelius drückt aus, was viele von uns fühlen: den Drang, dem Hamsterrad zu entkommen, sich einfach eine Auszeit zu nehmen. Während ich klettere, fühle ich mich diesem Wunsch ganz nah. Die Schönheit der Hochschwab Südwand, die klaren Linien der Platten und Wasserrillen, all das bietet die ersehnte Flucht. Hier oben ist es leicht, die alltäglichen Sorgen zu vergessen und sich ganz auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren.

Im traumhaft schönen Abschlusspfeiler

Hoch über dem Thal

In der letzten SL

Südwandhakerl

Mit der Route “Reif für die Insel” in der Hochschwab Südwand schließt sich ein weiterer weißer Fleck in meiner persönlichen Hochschwab Südwandlandkarte. Die Schönheit der Platten und Wasserrillen, gepaart mit der Herausforderung der Sicherung, gemeinsam mit lieben Seilgefährten, machte diese Kletterei zu einem unvergesslichen Erlebnis. Ein toller Tag voller Erlebnisse und Eindrücke, die mich noch lange begleiten werden.

Für alle, die die Kombination aus ästhetischer Kletterei und technischem Anspruch suchen, ist “Reif für die Insel” eine absolute Empfehlung. Doch sollte man sich der Hakenabstände bewusst sein, wenn man einsteigt.

Und so frage ich mich, wie lange es wohl dauern wird, bis ich wieder überreif durch das Trawiestal zum geliebten Hochschwab pilgern werde.

Hard Facts

  • Gebirge: Hochschwab
  • Route: Reif für die Insel
  • Schwierigkeit: VI
  • Wandhöhe: 300m
  • Erstbegeher: H. Hoellebauer und W. Holzer 12.08.1985

Tipps und Infos:

Fazit

  • DER Klassiker in der Südwand
  • Traumhafter Plattenkalk mit Wasserrillen
  • Die kurze Alltagsauszeit am Hochschwab genießen