Herbst am Hochschwab

Ganz ohne Gefühlsschwankungen

Die Wetzsteinplatte über den Wetzsteinkogel ist das erklärte Tagesziel. Was gibt es schöneres, als beim Bodenbauer aus dem Fahrzeug zu steigen, wohlwissend bald in eine unberührte Bergwelt eintauchen zu dürfen. Begleitet vom Brunftgeschrei der Hirsche wandern wir im stets lichter werdenden Morgennebel Tal einwärts der Sonne entgegen. Eigentlich der perfekte Tag für eine Hochschwab Südwandtour, doch wir entscheiden uns für etwas Gemütlicheres am Wetzsteinkogel. Ich kenne die meisten neueren Kreationen im orogr. linken Wandteil noch nicht und will mir eh schon länger die Borderline ansehen. Im Duden ist Borderline als Persönlichkeitsstörung, die durch Impulsivität und Instabilität von Emotionen und Stimmung, der Identität sowie zwischenmenschlichen Beziehungen charakterisiert ist. Na Serwas, ob wir überhaupt für sowas Wildes bereit sind. Ein Blick aufs Topo lässt die Tour jedoch entspannter erscheinen. Viele Bolts im gemäßigten Schwierigkeitsgrat.

Die gute alte Kosa

Die Inversion macht sich bemerkbar und bald wird die Jacke in den Rucksack gepackt. Nach kurzem Höherwandern erreichen wir den Einstieg gemeinsam mit einer 2er Seilschaft aus Bruck. Da die beiden das gleiche Tagesziel hatten entscheiden wir uns kurzerhand um. Für etwas Schwereres fühle ich mich heute nicht fit genug, also entscheiden wir uns für die gute alte Kosa, eine meiner Alltimefavourites. Die Tour bietet einfach alles was das Herz begehrt. Wasserrillen, Plattenschleicher, kurze Verscheidungen und das alles im perfekten Schwobenfels.

Wetzsteinkogel – Wetzsteinplatte – unterer Wandabschnitt

Bodenständiger steirischer Hochgebirgskalk

Für die nächsten 3 Stunden widmen wir uns also der ehrlichsten und richtigsten Tätigkeit auf dieser Welt – dem Klettern. Ich bin die Tour zwar schon mehrere Male gegangen, doch erfreue mich stets aufs Neue über das perfekte Gestein und die Schönheit der Landschaft. In unmittelbarer Nähe zum Zauberschloss der Stangenwand, über den raketenförmigen Beilstein bis hin zur steirischen Heimat hinter der Grießmauer schweift mein Blick. Die Kletterei wird zwar niemals richtig schwer, doch genießen wir die wunderschönen, abwechslungsreichen Züge im Schwobenkalk.

Als wir zufrieden am Ausstieg ankommen genießen wir die herbstliche Abendsonne bevor es durch das Trawiestal retour zum Ausgangspunkt geht. Am Parkplatz lassen wir den Tag dann noch mit einem gemütlichen Bier ausklingen, welches uns unsere Seilschaftsnachbarn Gerald und Erhard aus der Kühlbox in ihrem Wohnwagen spendieren. Es freut mich immer wieder, wenn man in der durch Neid und Missgunst zerfressenen Bergsportszene auf positive Charaktere trifft.

Ich versuche jeden Moment dieses wunderschönen Tages zu konservieren, bevor es retourgeht in die Großstadt, wo uns der Schein des Neonlichts die Sicht auf das prächtige Firmament nimmt.

Hard Facts

  • Gebirge: Wetzsteinkogel / Hochschwab
  • Route: Wetzsteinplatte
  • Schwierigkeit VI-
  • Wandhöhe: 250m
  • Erstbegeher: P. Lavicka, K. Kosa, J. Altenburger, B. Bollek am 22.06.1968 (Sanierung T. Richter)

Tipps und Infos

  • Material: 50m Einfachseil, 8 Expresssets, 3 lange Bandschlingen
  • Führerliteratur:
    • Genusskletteratals Österreich Ost Band 2 – Steiermark / K. Schall und G. Grabner
    • Alpenvereinsführer Hochschwab / G. und L. Auferbauer
    • Kletterführer Hochschwab – Martin Gumpold, Christian Leitinger und Thomas Behm
    • Alpenvereinskarte 18 Hochschwabgruppe 1:50000
    • Tourenbeschreibung

Fazit

  • Eine meiner Lieblingsrouten in der steirischen Heimat
  • Schön und abwechslungsreich mit perfektem Fels im gemäßigten Schwierigkeitsgrad